22.01.2025
Selbstausbeutung bei Demenz – ein System?
Es gibt also genug Hinderliches auf dem Weg des Helfens und des Sich-Helfen-Lassens.
Es gibt also genug Hinderliches auf dem Weg des Helfens und des Sich-Helfen-Lassens. Angehörige von Menschen mit Demenz erleben Stress (=Caregiver-Stress) und Überlastung (=Caregiver-Burden) in der Betreuung und Pflege. Je nach Geschlecht (Frauen stellen privat und beruflich die Mehrzahl an Betreuerinnen und Pflegerinnen), je nach Alter und je nach wirtschaftlicher Lage werden die Belastungen unterschiedlich empfunden. In jedem Fall sind die spezifischen Symptome einer Demenz wie z.B. Vergesslichkeit, Stimmungsschwankungen oder eine veränderte Wahrnehmung nicht alleine für die Überlastungssituation verantwortlich, sondern auch das mangelnde Bewusstsein und Verständnis in der Öffentlichkeit für die 24-Stunden-7-Tage-Situation in der Pflege zuhause. Es fehlt der Diskurs über die Herausforderungen, insbesondere in Hinblick auf die erwartete Verdoppelung der Pflegebedürftigen mit Demenz. Welche PolitikerIn und welche EntscheidungsträgerIn packt dieses heiße Eisen endlich an und thematisiert Ressourcenknappheit, Personalmangel und anderen gegenwärtigen gesellschaftlichen Problemlagen? Und wer baut endlich die bürokratischen Hürden für pflegende Angehörige ab?
Stehen pflegende Angehörige unter Stress, nehmen dies die Betroffenen/Begleiteten wahr und reagieren häufig mit Angst, Verunsicherung und Stress. Dies schränkt die kognitive Leistung zusätzlich ein.
Studien belegen, dass die Pflege und Betreuung einer/eines Angehörigen mit Demenz die Gesundheit gefährden können, vor allem, wenn keine Unterstützung und Entlastung niederschwellig, leistbar und bedürfnisorientiert verfügbar ist bzw. angenommen wird. Dabei macht es von Anfang an einen entscheidenden Unterschied, ob die Betreuung durch Zeiten der Selbstsorge (Sport, Hobbys, Urlaub) unterbrochen wird. Gibt es ein HelferInnen-Netzwerk, das bei Verhinderung einspringen kann, ohne dass die Betroffenen erst Vertrauen aufbauen müssen?
Die Sterberate von Personen, die Angehörige mit Demenz pflegen ist um 63% höher als von gleichaltrigen Personen ohne diese Aufgabe. Die Betreuung einer/eines Demenzkranken kann also eine Gefahr für die Gesundheit der Angehörigen bedeuten.
Frauen sind heutzutage nicht nur berufstätig, sondern kümmern sich zusätzlich um Kinder, Haushalt, Kranke und Sterbende in den Familien. Dieser Balanceakt hat oft langanhaltenden chronischen Stress zur Folge, der das Risiko u.a. für Angst- und Schlafstörungen sowie Depressionen und Diabetes erhöht. Und Fakt ist, dass Frauen häufiger an einer Form der Demenz erkranken als Männer. Wer kann also von „Rabentöchtern“ sprechen, wenn angesichts dieser Tatsachen Frauen immer seltener die eigene Gesundheit riskieren wollen und aus Sorge vor Armut, Einsamkeit, gesundheitlichen Beeinträchtigungen und Isolation eine gerechtere Verteilung der Sorgearbeit in Familien – auch für demenzkranke Familienmitglieder – fordern?
Bei Gewalt in der Familie ist von einer körperlichen Nähe – wie es Pflegesituationen erfordern – dringend abzuraten.
Wie sieht die Pflegesituation in Südtirol aus?
Obwohl die Pflege einer/eines Angehörigen mit Demenz häufig zu finanziellen Einbußen führt, werden im Moment noch 2/3 aller pflegebedürftigen alten Menschen zuhause durch ihre Angehörigen betreut, gepflegt und versorgt. Dadurch spart die öffentliche Hand viel Geld, denn die häusliche Pflege ist weitaus billiger als die Versorgung in einer Pflegeeinrichtung. Allerdings ist die Tendenz fallend durch Geburtenrückgang, Einpersonenhaushalte, veränderte Mobilitätsanforderungen im Beruf und räumliche Distanzen. Studien zeigen, dass sich pflegende Angehörige von Demenzkranken selten eine Auszeit nehmen. Ersatzpflege wird aus finanziellen Gründen, aus Gewissensgründen oder auch aus Trauer abgelehnt. Auch diese Umstände fördern Überlastung, Isolation, depressive Entwicklungen und Gewalt.
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