Die Praxis orientierte Pflege, wird immer wichtiger, so der Präsident der Alzheimervereinigung Südtirol Ulrich Seitz, der von besorgniserregenden Trends in der häuslichen Pflege in Südtirol spricht. Noch nie haben nämlich so viele Südtiroler wie derzeit daheim Menschen mit offensichtlichen kognitiven Einschränkungen betreut und noch nie erhielten wir so viele Hilferufe aufgrund völliger Überforderung.
Nur schon bei den Demenzkranken sind davon rund 10.500 Südtiroler Haushalte betroffen, denn 75% aller Fälle werden über Jahre, durchschnittlich 5-8, daheim versorgt. Und bei weitem nicht alle haben gemäß Beurteilung der zuständigen Stellen Anrecht auf die Pflegeeinstufung. Viele der so genannten „Caregivers“ haben demnach den Spießrutenlauf mit den Behörden aufgegeben und versuchen mit eigenen Kräften ihre Situation zu meistern. Dabei werden wir, so Seitz mit oftmals sehr krassen Beispielen landesweit konfrontiert, wo sich bald herausstellt, dass die Pflegenden dringend im praktischen Umgang mit einem Familienmitglied gestärkt werden müssen. Und da setzt nun die Alzheimervereinigung ab sofort mit einem intensiven, niederschwellig und leicht zugänglichen Angebot von Beratungen an.
Präsident der Alzheimervereinigung Südtirol Ulrich Seitz
Betreuungsarbeit zu Hause ist nicht zuletzt durch die Corona-Pandemie anspruchsvoll und vor allem für den familiären Kontext anstrengend geworden. Die Pflegeden Angehörigen müssen aus diesem Grunde besonders ihre eigene Bewegungskompetenz besser nutzen, um die Kranken in ihrer Nähe in deren Bewegungskompetenz zu fördern. Dies führt ebenso dazu, dass pflegende Angehörige bei ihrer Tätigkeit gezielter auf ihre eigene Gesundheit achten und pflegebedürftige Angehörige größere Eigenaktivität, Mobilität und Selbstständigkeit entwickeln können. Dadurch profitieren alle Beteiligten gleichermaßen von einer verbesserten Lebensqualität.
Die Inhalte unserer Beratungen in diesem Zusammenhang ziele darauf hin, sensibel auf physische Tätigkeiten bei sich selbst, dem Umgang mit Gewicht, oder der Nutzung von Hilfsmitteln Zwei Werkzeuge bieten sich spezifisch diesbezüglich an, und zwar die Kinästhetik, die als Lehre der Bewegungsempfindung gilt sowie die Validation, die sich zu einer effizienten Kommunikationstechnik, im Umgang mit dementiell erkrankten Menschen gemausert hat. Sie soll das Wohlbefinden und die Autonomie des Dementen durch das Normalitätsprinzip fördern d.h. die subjektive Wirklichkeit des Gegenübers wird so angenommen, wie sie vorherrscht.
Einschreibungen und Informationen zur zitierten Selbsthilfe mittles Kinästhetik und Validation über info@asaa.it oder die Grüne Nummer 800 660 561.
Aus der Dolomiten vom 27.08.2021 – Im Bild: ASAA Präsident Ulrich Seitz mit den Teilnehmern der Kunsttherapie im Bozner „Museion“
Nachdem auch heuer wieder immer noch viele Angebote in der Nachmittagsbetreuung von Menschen mit chronischen und speziell kognitiven Krankheitsbildern landesweit aufgrund der Corona Pandemie fehlen, setzt die Alzheimervereinigung Südtirol ASAA verstärkt in den Sommermonaten auf unterschiedliche Projekte, die an direkt Betroffene, deren Familien, ausländischen Hilfskräften wie auch Mitarbeiterinnen aus den Pflegeberufen gerichtet sind. So erfreut sich unser Kurs zur Kunsttherapie mit den erfahrenen Expertinnen Ulrike Hofmann, Patrizia Trafoier und Rita Mentzel, der wöchentlich im „Museion“ in Bozen stattfindet, großer Beliebtheit, betont ASAA Präsident Ulrich Seitz.
Die vielen Anrufe, die täglich auf der Grünen Nummer der Alzheimervereinigung 800660561 eingehen, sind deutlich mehr geworden, wenn man dies mit den Vorjahren vergleicht, so Seitz. Was auffallend ist, dass mit der Pandemie-Zeit immer öfters die Thematik „Depression und Demenz“ bei den Hilfesuchenden angesprochen wird. Es ist offensichtlich, dass das Erleben des eigenen Abbaus der Merkfähigkeit, der Fähigkeit den Überblick zu bewahren bzw. der Autonomieverlust, zur Depression führen kann. Wir sehen bei unseren Screenings, die wir im Verein garantieren, dass Depression massiv die Informationsverarbeitung im Gehirn und die dazugehörigen Leistungen beeinflusst und die Symptome der Demenz rapide verschlechtert. Wir schlagen daher unmissverständlich Alarm, betont Ulrich Seitz, denn die Wartezeiten für aufschiebbare sowie programmierte Visiten in den Bereichen Geriatrie, Neurologie oder Rehabilitation (physisch und psychisch) übersteigen hierzulande wiederum die Höchstwartezeiten, die staatlich vorgegeben wurden, um einiges. Und wenn man bedenkt, dass bei rund 25.000 Südtirolern, die zur Zeit an Depressionen leiden, ein großer Anteil Senioren betrifft, und gerade sie durch effiziente Anlaufstellen aufgefangen werden könnten, müssen wir einfordern, dass es in diesem Zusammenhang zu Entspannungen kommt. Bei der Auswertung von rund 200 Fällen, die Seitz in den letzten Monaten erhoben hat, zeigt sich dass das Auftreten depressiver Symptome bei Demenz immer klarer zur riesigen Belastung für die Familien im Lande wird. Die auftretenden Schwierigkeiten sind vielfältig, von Mensch zu Mensch verschieden, doch agieren solche Menschen apathisch, unruhig, gereizt, verbunden mit Schlafstörungen und in rund 50% der Fällen mit Suizidgedanken. Seitz erinnert, dass es in unzähligen Situationen zu einer totalen Ohnmacht der Pflegenden vor dem Leiden ihrer Lieben kommt. Die ASAA startet aus den dargelegten Fakten mit einem weiteren Paket, und zwar mit der gezielten Einbindung des effizienten Zugangs mittels „Validation“ mit intern ausgebildeten Lehrerinnen.
Nähere Infos über info@asaa.it
Auch in diesem Jahr stellt sich wieder ein großes Problem im Zusammenhang mit der Betreuung von Menschen mit besonderen Krankheitsbildern, die daheim gepflegt werden. Die Corona-Pandemie hat vieles zerstört und nicht wieder reanimiert, so Ulrich Seitz, Präsident der Alzheimervereinigung Südtirol. Mühevoll und mit viel Enthusiasmus über die Jahre aufgebaute Entlastungsangebote für Menschen mit Demenz und deren Angehörigen wurden im Jahre 2020 vielerorts landesweit eingestampft und aus Sorge wegen möglicher Infektionsgefahren, schlichtweg nicht mehr angedacht. Das stellt einerseits einen immensen Verlust in der Freizeitgestaltung Betroffener dar, anderseits bewirkt diese Entscheidung eine Art Kapitulation vor dem Virus, und bringt Familien, die Alternativen zur häuslichen Pflege brauchen in zusätzliche Schwierigkeiten, betont Seitz.
Die Alzheimervereinigung Südtirol ASSA reagiert nun darauf mit einem relativ schnell aus der Taufe gehobenen Projekt in enger Kooperation mit dem Zusammenschluss erfahrener Kunsttherapeutinnen aus unserem Land, die in der Organisationsstruktur „Healing Arts“ ihre wichtigen Kenntnisse weitergeben. Seitz bezeichnet diese Beziehung zur neu gegründeten Gruppe als besonderes Glück.
Der Grund liegt darin, dass Kunsttherapie gerade Menschen mit Demenz hilft, sich auszudrücken, zu kommunizieren und mit der Umwelt zu interagieren. Das geschieht oft auch auf nonverbale Weise. Das gemalte Bild ist dabei quasi das Medium. Kunst weckt Erinnerungen – egal ob Demenzerkranke selbst gestalten oder sich Werke von Künstlern im Museum ansehen.
Die Möglichkeit, sich „künstlerisch“ zu betätigen, fördert Lebensqualität sowie Selbstgefühl. Stimmungen und Gefühle. In diesem Sinne startet nun ab 5. August 2021 eine spezifische Reihe von spannenden Treffen für Interessierte aus allen Landesteilen im „Museion Bozen“. Immer donnerstags von 16 Uhr bis 17.30 Uhr bietet sich über das Projekt von „Healing Arts“ und „ASAA“ die konkrete Chance mit ausgebildeten Kunsttherapeutinnen zu beobachten, welche Reaktionen bei Motiven und Maltechniken in der Zielgruppe zum Vorschein gelangen.
Ulrike Hofmann und Rita Mentzel unterstreichen als begeisterte Vertreterinnen der Kunsttherapie diesbezüglich Folgendes: „wir erforschen in kleinen Gruppen Materialien und Techniken der Kunsttherapie. Zusätzlich zur kunsttherapeutischen Erfahrung haben die Teilnehmer im Museion in Bozen die Möglichkeit, sich mit den Kunstwerken des Museums auseinanderzusetzen und sich gedanklich als auch verbal diesbezüglich auszutauschen“. Neugierige können sich ab sofort unter info@asaa.it für dieses „andere Projekt in einer außergewöhnlichen Zeit“ anmelden und Kraft tanken für den anstrengenden Alltag.
Angesprochen sind Patienten, Pflegende aus dem familiären Umfeld, Hilfskräfte, aber auch Bedienstete aus sozio-sanitären Einrichtungen, die Lust verspüren, nützliches Werkzeug für die oftmals sehr herausforderungsvolle Aufgabe der Hilfe zuhause, zu erhalten.
Die Alzheimervereinigung Südtirol macht keine Sommerpause. Über die Grüne Nummer 800660561 oder über info@asaa.it sind wir täglich zu erreichen, erinnert Ulrich Seitz.
In einer ständig alternden Gesellschaft werden gut ausgebildete Hilfs- und Pflegekräfte immer wichtiger. Besonders an Demenz erkrankte Menschen benötigen eine individuelle und liebevolle Betreuung. Sogenannte Alltags- und Demenzbegleiter können genau dies leisten, Voraussetzung ist jedoch eine entsprechende Ausbildung. Und dafür werden wir nun kämpfen, denn die Versorgungslage im Lande ist alles andere als zufriedenstellend für die rund 10.500 Familien, die aufopferungsvoll selbst pflegen müssen. Die Alzheimervereinigung Südtirol ASAA organisiert gerade in diesen Wochen wieder spezifische Kurse in Bozen und Meran für ausländische Hilfskräfte und Familienangehörige.
Wir haben nunmehr weit mehr als 150 Menschen jeweils über 70 Stunden hinweg geschult, weiß Präsident Ulrich Seitz zu berichten.
Und es ist überhaupt kein Widerspruch, dass Ausländer und Einheimische hier zusammengewürfelt miteinander und voneinander lernen. Es ist sogar eine große Bereicherung für alle Teilnehmer. Da wir leider auch für diesen Sommer keine grundlegenden Verbesserungen für Pflegende Angehörige durch Entlastungsleistungen durch die Öffentlichen Dienste erwarten, weil vieles landesweit an Ressourcen fehlt und gar nicht zur Verfügung gestellt wird, ist es grundlegend, dass wir in der Selbsthilfe noch couragierter eingreifen, betont Seitz. Die entsprechenden Beratungen, Treffen, Screenings und Vertiefungen mit Freiwilligen und Experten, die als Selbständige tätig sind, sollen dabei folgende Ziele verfolgen: Komponenten des körperlichen und kognitiven Alterungsprozesses, Alterserkrankungen sowie unterschiedliche Bedürfnisse alter Menschen mit Einschränkungen und Hochaltriger werden durch die Alzheimervereinigung thematisiert. Innovative Modelle, welche die Lebenszufriedenheit im Alter steigern werden implementiert. Des Weiteren gilt es das Umfeld der Betroffenen zu stärken. Im Vordergrund stehen dabei Demenzielle Erkrankungen und Lebensqualität. Mit der Diagnose Demenz müssen nicht nur die Erkrankten, sondern auch ihre Nächsten leben lernen. Diesbezüglich setzen wir unter anderem mit der Validation an, unterstreicht Seitz. Im Team werden dabei Südtiroler Familien mit praktischen Tipps und Hilfestellungen in der Pflege versorgt. Ein Fokus wird auf Serviceleistungen im Zusammenhang mit der Pflege (Definition, Aufgabenprofile, Pflegemodelle), mit dem Wohnraum und der Organisation der Pflege und Angehörigenarbeit gelegt. Die Erkenntnisse aus der Sommertätigkeit und vor allem neue Ausrichtungen in der Betreuung werden im Rahmen einer 2-tägigen Infoveranstaltung für die gesamte Bevölkerung am 20-+21.09.2021 in Terlan im Rahmen des Welt-Alzheimertages vorgestellt. Es geht dabei um Herausfordernde Verhaltensweisen, die das Wohlbefinden der Person, die sie aufweist beeinträchtigen. Sie können verschiedene Ursachen haben, wobei die mit Demenz einhergehende neurologische Beeinträchtigung nur ein Faktor ist. Die Biopsychosoziale Sichtweise betrachtet unmissverständlich neben den medizinischen auch die psychologischen und sozialen Aspekte.
Aus der Zeitschrift „Die Weintstrasse” von Juni 2021
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