Die Sachwalterschaft wurde mit Gesetz Nr. 6/2004 eingeführt. Sie ist eine Maßnahme rechtlichen Schutzes für all jene Personen, die auf Grund einer Krankheit oder einer momentanen oder permanenten Beeinträchtigung nicht mehr selbstständig imstande sind, ihre Interessen persönlicher oder vermögenstechnischer Natur wahrzunehmen.
Die Sachwalterschaft ist somit ein Instrument, mit dem einer schwachen Person eine andere beigestellt wird, die sie vertritt (indem sie für sie handelt) oder unterstützt (indem sie zusammen mit ihr handelt) und Maßnahmen zeitweiliger oder permanenter Natur ergreift, die gewisse Handlungen betreffen (z.B. Ansuchen um Unterstützung oder Beiträge bei öffentlichen Ämtern oder gegenüber Privaten zu stellen; steuer- oder verwaltungstechnischen Verpflichtungen nachzukommen; Bankverträge abzuschließen, Befunde, Krankenkarteien und weitere Informationen zum Gesundheitszustand einzuholen, wie auch die Einwilligung für gewisse Behandlungen zu geben). Voraussetzung für das Ansuchen um einen Sachwalter ist somit: Krankheit oder körperliche oder geistige Beeinträchtigung und die daraus folgende Unmöglichkeit, die eigenen Interessen wahrzunehmen.
Der Antrag um einen Sachwalter
Der Antrag um einen Sachwalter ergeht mittels Rekurs an das Vormundschaftsgericht des Ortes, an dem der Interessierte wohnt oder seine Zustelladresse hat. Der Rekurs muss sämtliche Informationen enthalten, damit der Vormundschaftrichter ein vollständiges Bild, sozusagen eine „Fotografie“ der betroffenen Person erhält. So müssen die Gründe für den Antrag auf Bestellung erklärt, die Situation dargestellt und auf die eventuellen Bedürfnisse und Wünsche des Betroffenen Rücksicht genommen werden. Dies gilt insbesondere, wenn eine gewisse Dringlichkeit besteht. In dringenden Fällen kann der Vormundschaftsrichter einen provisorischen Sachwalter ernennen, der ermächtigt wird, dringende Handlungen durchzuführen. In einem solchen Fall ergeht die Bestellung in kurzer Zeit. Bei einem normalen Verfahren ernennt der Vormundschaftsrichter innerhalb von sechzig Tagen nach Einreichen des Rekurses den Sachwalter.
Wer kann einen Rekurs einreichen?
Den Rekurs für die Bestellung eines Sachwalters können folgende Personen einreichen:
die betroffene Person selbst, der Ehegatte, die Person, die ständig mit dem Betroffenen in Gemeinschaft lebt, Verwandte bis zum vierten Verwandtschaftsgrad, verschwägerte Personen bis zum zweiten Grad, der Vormund oder Beistand, der Staatsanwalt und die Verantwortlichen der Gesundheits- und Sozialdienste, die direkt mit der Pflege und Betreuung der Person beschäftigt sind.
Was macht und über was entscheidet der Vormundschaftsrichter?
Nachdem der Vormundschaftsrichter den Rekurs gelesen hat, legt er mit einem Dekret das Datum des Verfahrens fest, während dessen die betroffene Person vom Richter angehört werden muss. Sollte die betroffene Person nicht imstande sein, sich an den Sitz des Vormundschaftsrichters zu begeben, ist es notwendig, eine ärztliche Bescheinigung vorzulegen, die dies bezeugt. Nur in diesem Fall kann sich der Richter, falls er es für notwendig erachtet, an den Ort begeben, an dem sich die betroffene Person aufhält.
Das Dekret des Richters ist jenes Dokument, welches dem Sachwalter die entsprechenden Befugnisse zuweist. Sollte sich der Zustand des Betroffenen, der zur Sachwalterschaft geführt hat, ändern, kann das Dekret abgeändert oder annulliert werden.
Der Sachwalter
Der Sachwalter ist die Person, die vom Vormundschaftsrichter ernannt wird, um einer Person in den Obliegenheiten des täglichen Lebens beizustehen, sie zu unterstützen und zu vertreten, wenn sie teilweise, für eine gewisse Zeit oder zur Gänze diesen nicht mehr nachkommen kann. Sollte die körperliche oder psychische Beeinträchtigung vorübergehend sein, kann die Bestellung auch befristet sein.
Bei der Wahl des Sachwalters muss der Vormundschaftsrichter immer den Willen des Betroffenen berücksichtigen. In Ermangelung von Hinweisen seitens des Betroffenen oder wenn schwerwiegende Gründe vorliegen, muss der Vormundschaftsrichter bei seiner Entscheidung, wenn möglich, folgende Personen berücksichtigen: den nicht gesetzlich getrennten Ehepartner, die Person, die ständig mit dem Betroffenen in Gemeinschaft lebt, den Vater, die Mutter, den Sohn oder die Tochter, den Bruder oder die Schwester, eine bis zum vierten Grad verwandte Person oder die Person, die der zuletzt verstorbene Elternteil mit Testament, öffentlicher Urkunde oder beglaubigter Privaturkunde namhaft gemacht hat. Der Vormundschaftsrichter kann, wenn er es für nötig erachtet, als Sachwalter auch eine andere geeignete Person (also nicht die oben genannten), eine Vereinigung oder Stiftung einsetzen. Seit dem Dezember 2009 hat das Land Südtirol (Abteilung für Familien und Sozialwesen) ein Verzeichnis jener Personen angelegt, die entsprechend ausgebildet und bereit sind, ehrenamtlich eine Sachwalterschaft zu übernehmen. Das Verzeichnis wird vom Amt für Menschen mit Behinderung und Zivilinvaliden geführt.
Die Befugnisse des Sachwalters
Die Befugnisse des Sachwalters sind aus dem Ernennungsdekret und den eventuell darauffolgenden Ermächtigungen des Vormundschaftsrichters ersichtlich. Der Sachwalter kann ermächtigt werden, der betroffenen Person beizustehen oder für sie zu handeln. Die Festlegung der Befugnisse des Sachwalters sieht auch die Definition der Rechtshandlungen vor, die der Betroffene weiterhin selber vornehmen kann.
Der Sachwalter kann für den Betroffenen ausschließlich in jenen Fällen tätig werden, die ausdrücklich vom Vormundschaftsrichter vorgesehen worden sind.
Zweck der Sachwalterschaft ist nämlich, zugunsten des Betroffenen zu handeln und dabei seine Handlungsfähigkeit so wenig als möglich einzuschränken.
Die Pflichten des Sachwalters
Der Sachwalter muss:
- Die Erwartungen und die Bedürfnisse des Betroffenen respektieren und, wenn möglich, ihn über die durchzuführenden Handlungen informieren. Sollte der Betroffene nicht einverstanden sein, muss der Vormundschaftsrichter informiert werden.
- Seine Aufgaben für wenigstens zehn Jahre wahrnehmen (sollte der Sachwalter der Ehepartner, die in ständiger Gemeinschaft lebende Person, ein Vorfahr oder Nachkomme des Betroffenen sein, auch mehr als zehn Jahre).
- Jährlich dem Vormundschaftsrichter einen Bericht über die durchgeführte Tätigkeit und die persönlichen und sozialen Lebensbedingungen des Betroffenen vorlegen.
- Im Augenblick der Übernahme des Auftrags einen Eid ablegen, in dem er schwört, seinen Auftrag gewissenhaft und sorgfältig durchführen zu wollen.
Die Sachwalterschaft ist kostenlos
Der Sachwalter darf für seinen Auftrag kein Entgelt erhalten, jedoch kann ihm eine Rückerstattung für jene Spesen zuerkannt werden, die er für die Durchführung seiner Arbeit aufbringen musste. In einzelnen Fällen kann der Vormundschaftsrichter eine angemessene Entschädigung festlegen. Diese hängt vom Aufwand der Leistungen ab.
Aus der angemessenen Entschädigung und der Vergütung der Spesen darf aber nie ein Honorar entstehen.
Beendigung des Auftrags und Ersetzung
Die ermächtigten Personen können vor dem Vormundschaftsrichter auch einen begründeten Antrag stellen, den Sachwalter wieder abzuberufen oder zu ersetzen.
Die Sachwalterschaft endet unvermeidlich mit dem Ableben des Betroffenen. In diesem Fall ist der Vormundschaftsrichter sofort zu benachrichtigen.
Es müssen der Totenschein und ein abschließender Bericht über die bis zum Ende des Auftrags durchgeführte Tätigkeit vorgelegt werden.
Die Kosten des Verfahrens
Das Verfahren ist kostenlos. Der Rekurs kann persönlich eingereicht werden, also ohne Beistand eines Rechtsanwalts. Ausnahme bilden besondere Fälle persönlicher oder vermögensrechtlicher Natur. Das zuständige Amt, an welches man sich für Informationen und Beratungen zur Sachwalterschaft wenden kann, ist der Dachverband der Sozialverbände in Bozen.
Für Informationen
www.provinz.bz.it/de/dienste/dienste-kategorien.asp?bnsvf_svid=1007163
24. Soziales
Zuständige Verwaltungseinheit
24.3. Amt für Menschen mit Behinderungen
Landhaus 12
Kanonikus-Michael-Gamper-Straße 1
39100 Bozen
T 0471 41 82 71
F 0471 41 82 99
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